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Hier und da

Constanze Musterer


Hier und da - Deutsch
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Schwarze Holzlatten lehnen geordnet an der Wand, als wären sie aus dem Feuer gerettet, gegenüber drei fleckige Stoffbahnen, die den Staub vieler Jahrhunderte in sich zu tragen scheinen, hinten im Raum eine Skulptur, die wie ein Relikt der klassischen Moderne wirkt. Die Ambivalenz, hier einen Erinnerungsraum zu betreten, der gleichzeitig hochgradig Zeitgenössisches vermittelt, ist überbordend. Drei Kunst-Objekte bilden eine innenarchitektonische Inszenierung der Irreführungen zwischen dem, was man glaubt zu kennen und dem tatsächlich zu Betrachtendem. Referenzen an die Kunstgeschichte provozieren, den Wissensspeicher abzufragen, Einordnungen vorzunehmen und werden doch sogleich ad absurdum geführt, denn die Werke lösen ihr scheinheiliges Versprechen nicht ein, das zu finden, was man meint zu suchen. Stattdessen muss neu gesehen werden.


Die Verortungen von Zeitlichkeit mit den Fragen nach dem Debüt und der Simultanität sind dem salopp klingenden Titel der Ausstellung immanent, den die Künstler John Cornu und Ivan Liovik Ebel für ihre erste gemeinsame Präsentation wählten. Ihren konzeptionellen Arbeiten dieser Ausstellung liegen umfassende Gedanken zu Wiederholungsprozessen und regulierenden Prinzipien, Chronologie und Gleichzeitigkeit bis hin zu Aneignung und Wandlungen zugrunde. Mit einem Augenzwinkern referieren beide Künstler dabei auf die Kunstgeschichte, um Prinzipien der Dopplung sowie die für Kunstwerke existenzielle Frage nach Original und Kopie zu untersuchen, und regen damit Überlegungen zum Umgang in einer bild- und symbolüberfluteten globalisierten Gegenwart an.


So sind die handpolierten, bemalten und gewachsten Holzlatten von John Cornu mehr als eine poetische Umformulierung der Minimal Art. Unregelmäßige organische Schleifungen ergeben in der Reihung der Latten ein unspezifisches Negativ-Bild. Aus manchem Blickwinkel scheinen die Umrisse der Leere ein (weißes) Quadrat aus den schwarzen Latten zu formen. Anders spielen gegenüber die drei leichten Stoffbilder von Ivan Liovik Ebel mit dem Sichtbaren und Unsichtbaren. Seine am Computer generierten Flecken verändern sich mit jedem Ausdruck auf den Stoffen, die durch ihren Faltenwurf Strukturen verbergen oder hervorheben. Ein generiertes Zufallsprinzip, bei dem 'Leinwand' zum Objekt umformuliert wird, das gleichzeitig ein ephemeres Bild erzeugt.


Vom Sockel gestoßen hat John Cornu all die figürlichen Trophäen, die in Bronze auf Marmorsockeln einst vor Errungenschaften und Macht strotzen, und löst die revolutionären Manifeste der Avantgarden des 20. Jahrhunderts endlich ein. Zersägte Marmorplatten ringen nun um die formal-ästhetische Ausgewogenheit während jegliche Figürlichkeit im Dementi bronzener Geometrie verschmilzt. Ivan Liovik Ebel hingegen lotet die Grenzen seines künstlerischen Schaffens aus und hinterfragt die Entstehungsprozesse eines Bildes. Durch paralleles Arbeiten versucht er, Momente zu reproduzieren und Gleichzeitigkeit zu schaffen. Sein Scheitern hierin führt zu dem Resultat, dass es kein Original und keine Kopie, sondern immer zwei Werke gibt.